Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat am letzten Freitag den Gesetzentwurf für das geplante Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) veröffentlicht. Verbände kritisieren den Entwurf heftig.
Der Gesetzentwurf vollzieht die Umstellung auf das umstrittene Ausschreibungsverfahren. Nach Ansicht des Ministeriums haben die Pilotausschreibungen bei den Photovoltaik-Freiflächenanlagen gezeigt, dass mit der Umstellung auf Ausschreibungen keine Kostensteigerungen verbunden seien. Zudem lasse sich der Ausbau besser steuern. „Überschießende Ausbauraten, die sich kostenerhöhend auf die EEG-Umlage auswirken könnten, werden dadurch effektiv ausgeschlossen“, heißt es im Entwurf.
Der Entwurf enthält noch eine Bagatellgrenze von einem Megawatt für Photovoltaik-Anlagen, die von der Ausschreibungspflicht ausgenommen werden. Zudem ist eine Erhöhung des jährlichen Ausschreibungsvolumens auf 500 Megawatt vorgesehen. Freiflächen- und Dachanlagen ab einem Megawatt sollen zukünftig gemeinsam ausgeschrieben werden.
Allerdings räumte das Wirtschaftsministerium ein, dass der Entwurf innerhalb der Regierung noch diskutiert werde. Offene Punkte sind nach BMWi:
- Die Einhaltung des im EEG 2014 festgelegten Ausbaukorridors,
- die Mindestausschreibungsmenge für die Windenergie an Land,
- die Ausschreibungsmodalitäten für Biomasse
- die Ausschreibungsmodalitäten für Photovoltaik: Bis zu welcher Grenze sollen Photovoltaik-Anlagen künftig ausgeschrieben werden? Welche Vergütung sollen Anlagen unterhalb dieser Grenze erhalten?
Union: Ausschreibungen schon ab 30 KW
Wie umstritten der Gesetzentwurf innerhalb der großen Koalition ist, zeigt ein Schreiben des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder an seinen SPD-Kollegen Thomas Oppermann. Kauder fordert, dass der Referentenentwurf überarbeitet wird, bevor er ins Kabinett kommt.
Alle neuen Photovoltaik-, Windkraft- und Biomasseanlagen ab 30 Kilowatt Leistung sollen ausgeschrieben werden. Demnach müssten auch alle Photovoltaik-Dachanlagen ab dieser Grenze an den Ausschreibungen teilnehmen, um eine Förderung zu erhalten. Kauder schreibt: „Eine Wiedereinführung der bisherigen Einspeisevergütung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ist ebenso abzulehnen wie die Aufhebung des in der vergangenen Legislaturperiode eingeführten PV-Ausbaudeckels.“
Kauder fordert in seinem Schreiben zudem:
- Biomasse-Anlagen in die Ausschreibungen einzubeziehen
- Eine Rückführung des Ausbaus der Windenergie auf das im EEG 2014 angestrebte Maß von 2,5 Gigawatt jährlich. Derzeit sei der Ausbau der Windkraft an Land zu stark
- Keine Besserstellung ertragsarmer Standorte für Windenergie. Dies sei nicht zielführend
- Keine Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien für Neuanlagen bei negativen Strompreisen.
- Die Synchronisierung von Erneuerbaren Energien und Netzausbau. So sei die Entschädigung für EEG-Anlagen zu kappen, wenn diese aufgrund von Netzengpässen abgeregelt werden müssten
Gesetz gegen die Mehrheit der Bevölkerung
86 Prozent der Deutschen wünschen sich nach einer aktuellen Umfrage von TNS-Emnid im Auftrag von Greenpeace einen beschleunigten oder zumindest konstanten Ausbau der Erneuerbaren.
„Die Bundesregierung vertritt mit ihren energiepolitischen Plänen eine Minderheitenposition“, sagte Tobias Austrup, Energieexperte von Greenpeace mit Hinweis auf die Umfrage. Die Umstellung der Förderung erneuerbaren Energien auf Ausschreibungen benachteilige die kleineren Bürgerenergieprojekte, die nicht mit Anlagen von großen Investoren mithalten könnten.
Bürgerenergie der große Verlierer der Reform
„Die EEG-Novelle hat wenig mit der ursprünglichen Idee des Erneuerbaren Energien Gesetz zu tun“, sagt René Mono, Vorstandsvorsitzender des Bündnis Bürgerenergie e.V. „Die Bürgerenergie im Windbereich wird massiv zurückgehen, wenn Ausschreibungen kommen. Das ist eine Gefahr für den gesamten Erfolg der Energiewende.“ Planungs- und Investitionssicherheit sei gerade für kleine Unternehmen wichtig. Bei Ausschreibungen falle die Sicherheit weg und es entstehen neue Risiken. Durchschnittlich habe eine Bürgerenergiegesellschaft Vorentwicklungskosten von 210.000 Euro. Darauf bleibe sie sitzen, wenn sie nicht den Zuschlag bekommt. Das Bündnis Bürgerenergie werde Druck machen, dass wenigstens Betreiber von Photovoltaik-Dachanlagen von Ausschreibungen ausgenommen werden.
„Die EEG-Reform 2016 schneidet hart ins Herz der Energiewende“, heißt es in der ersten Stellungnahme des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE). „Mit dem Gesetzentwurf will der Bundeswirtschaftsminister den Ausbau der Erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung auf maximal 45% bis 2025 deckeln.“ Das gefährde zehntausende von Arbeitsplätzen in der Branche.
Die Energieökonomin Claudia Kemfert von Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte im Interview mit dem Deutschlandfunk das gesamte Ausschreibungssystem. Mit dem bestehenden System der EEG-Vergütung habe man gute Erfahrungen gemacht. Nun steige man ohne Not um und dies zum Nachteil der Bürgerenergie-Genossenschaften. Diese bezeichnete Kemfert als „große Verlierer der Reform“.
„Dieser Gesetzesentwurf steht in eklatantem Widerspruch zu den Klimaschutzzielen und muss dringend nachgebessert werden“, kritisierte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) den EEG-Entwurf scharf. „Solarenergie ist inzwischen preiswert, bei fairer Kostenbetrachtung sogar günstiger als Strom aus neuen Atom- oder Kohlekraftwerken. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, sie nicht endlich stärker zu nutzen. Solarstrom darf nicht länger der Stecker gezogen werden“, so Carsten Körnig, BSW-Solar-Hauptgeschäftsführer.
Regierung will Gesetz schnell durchdrücken
Der Zeitplan für die EEG-Novelle ist eng gesteckt. Die Verbände und Länder haben nur bis Donnerstag, den 21. April, Zeit, ihre Stellungnahmen schriftlich beim Ministerium einzureichen. Am 22. April soll sich eine Sonderministerpräsidentenkonferenz mit der EEG-Novelle befassen. Am 27. April soll das Kabinett über den Gesetzentwurf abstimmen. Im Mai und Juni würde der Bundestag beraten. Noch vor der Sommerpause sollen dann Bundesrat und Bundestag über die EEG-Novelle abstimmen.