Wie ein Kampf gegen Windmühlen

Wie ein Kampf gegen Windmühlen

with Keine Kommentare

Nach der angekündigten Reduzierung der staatlichen Unterstützung für Windenergie an Land auf 8 Cent/kWh, rührt sich Widerstand. Bene Müller und Thomas Isele von der AG Hegauwind beziehen Stellung

Die angekündigte Reduzierung der EEG-Vergütung für Windenergie auf 8 Cent/kWh empört die Branche. Wir unterhielten uns mit Bene Müller und Thomas Isele von der AG Hegauwind

Herr Isele, Herr Müller, 8 Cent/kWh entsprechen einem Anteil von 0,03 Prozent am Endverbraucherstrompreis. Ist der Kampf um Windmühlen für Sie ein Kampf gegen Windmühlen?

Isele: Das ist teilweise ein Kampf gegen Windmühlen. Vor allem, wenn man sieht, wie schwierig es ist, in der komplexen Gemengelage zwischen verschiedenen Behörden – Landkreis, Regierungspräsidium, Landesregierung – tatsächlich Standorte in die Genehmigungsfähigkeit zu bekommen.

Die Windenergie ist der dominierende Bereich der erneuerbaren Energieträger. Wie realistisch ist die Zielsetzung, bis 2020 etwa zehn Prozent der Versorgung abzudecken?

Da sind wir nur dann auf einem guten Weg, wenn sich zukünftig die Rahmenbedingungen von der Bundesregierung, also das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG, nicht wesentlich ändert. Zum einen hat man im EEG, was die Photovoltaik angeht, deutliche Kostendegression für den Bürger etabliert. Die Vergütungsschraube für Windkraft wird nach unten gedreht. Momentan ist nicht exakt quantifiziert, auf welches Niveau. Damit kann man die wirtschaftliche Seite neuer Projekte nicht mehr kalkulieren.

Also soll weniger gefördert werden?

Es wird weniger gefördert werden. Wir haben aber die gleichen Kosten. Das würde bedeuten, dass man keine neue Windkraft erzeugen kann. Die jetzige Belastung für den Bürger bedeutet EEG-Kosten von 5,3 Cent/kWh.

Was kritisieren Sie konkret?

Müller: Ich würde mir wünschen, dass die Leute mal wieder in die Begründung zum EEG reinschauen. In der Präambel steht, dass man einen Ausgleich schaffen will für die Effekte von fossilen und atomaren Energien, die sich eben im Preis nicht widerspiegeln, sondern die die Gesellschaft zahlt. Stichwort Asse. Die Sanierung des Atommülllagers wird mehrere Milliarden kosten, und das wird der Steuerzahler bezahlen. Das taucht nicht auf der Stromrechnung auf. Und deswegen hat man erneuerbaren Energien eine Starthilfe über das EEG gegeben. Ich bin aber dafür, dass man eine grundlegende Diskussion nach der Bundestagswahl führt, weil man es dann ohne wahlkampftaktisches Geschachere macht.

Strompreise sind aber ein willkommenes Wahlkampfthema.

Das hat einen Hintergedanken. Es ist auffällig, dass in der öffentlichen Diskussion nur über die Strompreise geredet wird, obwohl die Energiekosten für jeden Privathaushalt zumindest aus drei Komponenten bestehen: Wärme, Mobilität, Strom. Von Wärme und Mobilität hört man sehr wenig in der politischen Diskussion. Ich behaupte, das hat damit zu tun, dass man dort auch sehr wenig Einfluss auf Kosten hat, weil beispielsweise Öl nicht im Einflussbereich der Bundesregierung liegt. Strom hat an jedem Privathaushalt statistisch gesehen den kleinsten Anteil von den drei Kostenblöcken. Aus meiner Sicht war es ein Fehler, dass man die Befreiungen von der EEG-Umlage so ausgedehnt hat. Wir haben es mit einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu tun bei der Energiewende. Deswegen muss die auf viele Schultern verteilt werden.

Altmaier und Rösler wollen die Förderung fächendeckend von 9 auf 8 Cent reduzieren. Macht das Sinn?

Grundsätzlich ist die Windkraft an Land jetzt schon die günstigste Art der erneuerbaren Stromerzeugung. Für eine Kilowattstunde Windstrom am Land kriegt man im Moment etwa 9 Cent. Zum Vergleich: Offshore 19 Cent. Und jetzt gerade an der günstigsten Art der regenerativen Stromerzeugung anzusetzen, wie es im Altmaier-Papier steht – das kann man nicht machen. Das hieße, dass viele nicht sehr gute Standorte mit 8 Cent nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind. Genau das ist das Dilemma bei uns im Süden. Im Norden hat man zweistellige Renditen, weil bessere Winde vorherrschen.

Gehen Sie doch einfach in die Nordsee.

Wenn wir als IG Hegauwind Geld in die Hand nehmen und einen Windpark auf der Nordsee bauen würden, würde hier keine oder fast keine Wertschöpfung stattfinden. Das wäre ein völlig anderer Ansatz. Ich würde es nicht für sinnvoll halten, dass man jetzt die Offshore-Windkraft bevorzugt. Sie ist erstens teurer, sie zieht einen größeren Netzausbau nach sich. Und der Aspekt der regionalen Wertschöpfung fällt komplett flach. Deshalb sagen wir, wir wollen hier in der Region bauen, weil da die Themen Pacht, Gewerbesteuer, Einspeisevergütung hier verteilt werden – lokal.

Was wäre denn sinnvoll?

Es wäre sinnvoll, die Erzeugungskapazitäten breit über Deutschland zu verteilen. Derzeit gibt es eine unkoordinierte Politik, die wahlkampftaktisch motiviert ist – und die uns gehörige Probleme bereiten wird. Denn wir müssen uns ja jetzt auch überlegen, ob ein konkreter Standort wirtschaftlich ist. Klar ist, dass bei einer Eigenkapitalrendite von unter fünf Prozent niemand investiert. Wenn das nicht gewährleistet ist, werden keine Anlagen gebaut.

Das heißt, Kommunen investieren womöglich ins Blaue?

Die Gemeinden investieren, geben Geld für Gutachten aus, für Artenschutzgutachten, für Planungsbüros, da geht es pro Gemeinde um viele Zehntausend Euro, auf Landesebene um viele Millionen Euro. Dann gibt es Akteure wie die IG Hegauwind, die investiert Geld in Windmessungen. Wir haben ein Messkonzept verabschiedet für über 300 000 Euro. Wir sind bereit, dieses Geld auszugeben. Für zwei Messmasten an der Stettener Höhe am Schienerberg gehen wir mal eben mit 300 000 Euro in die Vorleistung, ohne zu wissen, ob die Standorte etwas taugen. Überall machen sich Menschen, Firmen, Kommunen auf den Weg, geben Geld aus, um landespolitische Ziele zu erreichen. Dann kriegt man von der anderen Seite den Knüppel zwischen die Füße, so dass vielleicht drei Viertel aller Standorte gar nicht mehr wirtschaftlich zu realisieren sind. Das ist politisch völlig grotesk.

Sie kritisieren die unterschiedlichen Befreiungsmodalitäten.

Es ist klar, dass die Akzeptanz kleiner wird, wenn man die einen ganz befreit und das, was dort befreit wird, den anderen, nämlich den Privatkunden und den kleinen Gewerbebetrieben, obendrauf haut. Ein Grundsatzfehler: Man vergleicht Erzeugungskosten miteinander, nicht aber volle Kosten, die mit Energieerzeugung verbunden sind. Stichwort externe Kosten. Bei fossilen Energien haben wir diese – den Klimawandel. Diese Kosten zahlen wir volkswirtschaftlich. Bei atomarer Stromerzeugung ist es genauso, dort haben wir die Rechnung noch nicht bekommen, weil das weit in die Zukunft reicht.

Quelle: Südkurier; Andreas Schuler